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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 67
(eius auxilio freta civiumque Ysenacensium sibi adherentium) habe Sophie bei dem Heereszug Al- berts nach Thüringen 1258 drei Burgen bei Eisenach errichtet, denen Markgraf Hein- rich eine eigene Festung gegenüber stellte289. Schändlicher Verrat habe es dem Mark- grafen 1261 ermöglicht, eine der Burgen Sophies sowie die civitatem Ysenacensem in seine Hand zu bringen. Es folgt der berühmte, in der Folgezeit weiter ausgeschmückte Bericht über die von Heinrich dem Erlauchten veranlasste grausame Hinrichtung des einfluss- reichen Eisenacher Bürgers von Welsbach, der standhaft erklärt habe, daß das Land Thü- ringen und die Wartburg und die Stadt Eisenach rechtmäßig seiner Herrin Elisabeth und ihrem Sohn Landgraf Heinrich zustünden290. Ohne eine Verbindung dieser Ereignisse mit der Schlacht von Wettin 1263 herzustellen, deren Schilderung er fast wörtlich aus der Peterschronik übernahm291, fügte der Autor am Ende des Jahresberichts zu 1264 eine ausführliche No- tiz über den Ausgleich an, den Herzog Albert von Braunschweig zwischen Sophie und ihrem Sohn Heinrich sowie Markgraf Heinrich und dessen Söhnen vermittelt habe292.
Neben der Braunschweiger Reimchronik bietet die Reinhardsbrunner Chronik den mit Abstand ausführlichsten Bericht. Ihr Autor war bereits so stark von der inzwischen verfestigten Tradition geprägt, wonach Heinrich der Erlauchte sich Thüringen unrecht- mäßig auf Kosten Sophies und ihres Sohnes Heinrich als der wahren Erben angeeignet habe, dass er nicht nur bei seiner Übernahme des Berichts der Predigerannalen über die vormundschaftliche Übertragung der Wartburg und Hessens durch Sophie an Heinrich das Wort terra Hassie durch terra Thuringie ersetzte293, sondern dass er seine gesamte Dar- stellung dieser Sichtweise unterordnete. Dies galt zum einen für die durch den Rechts- bruch Heinrichs des Erlauchten ausgelösten militärischen Auseinandersetzungen, von denen der Chronist – wie kein anderer Autor vor ihm – das Bild fast zehnjähriger allge- meiner kriegerischer Heimsuchungen Thüringens, Hessens und Sachsens zeichnete294. Es galt zum anderen für die zahlreichen lokalen Details und Episoden, mit denen er sei-
289 Ebd., S. 622. Es wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, dass der Burgenbau im Zusammenhang des zu 1258 mitgeteilten Kriegszuges stattfand, der Berichtskontext legt es aber nahe, dass der Autor dies als selbstverständlich unterstellte.
290 Ebd., S. 623: proclamabat, terram Thuringie et Wartperg civitatemque Ysenacensem iure competere domine sue Sophie et filio eius lantgravio. Vgl. hierzu teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 290, sowie zuletzt kälBle, Städ- tische Eliten (wie Anm. 317), S. 280 f.
291 Cronica Reinhardsbrunnensis (wie Anm. 244), S. 623, Jahresbericht zu 1263. Der Verfasser stellt erneut – ohne auf den Konflikt zwischen Sophie und Markgraf Heinrich Bezug zu nehmen – die Festellung voran: Unde eo tempore terra Thuringie nimium infestabatur tumultibus, angustiis et tribulationibus, und mündet dann wörtlich in den oben bei Anm. 268 wiedergegebenen Bericht der Peterschronik ein.
292 Ebd. S. 624, dazu unten S. 95 ff.
293 Dazu Anm. 283.
294 Diese von allen bisherigen Darstellungen abweichende Dauer leitete sich aus der Darstellungsabsicht
des Autors: Da die Rückgabeverweigerung Heinrichs des Erlauchten 1253 die Ursache des Krieges war und der Krieg erst mit der Niederlage Herzog Albrechts 1263 in Wettin und dem welfisch-wettinisch- hessischen Friedensschluss 1264 endete, ging der Autor von einer neunjährigen Dauer aus und berich- tete zu 1253, 1258 (Andauern des Konflikts zwischen Markgraf Heinrich und Sophie, Kriegszug Alb- rechts und Sophies nach Thüringen) und 1263 (Kriegszug Albrechts in die partes orientales) jeweils in sehr allgemeinen Worten über verheerende kriegerische Zustände vor allem in Thüringen und Hessen, Cro- nica Reinhardsbrunnensis (wie Anm. 244), S. 620, 622 ff.