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66 MATTHIAS WERNER
teilungen über das thüringische Geschehen der Jahre 1248 bis 1264 vorwiegend auf der Chronica minor und der Peterschronik, erweitert diese aber um zahlreiche eigene Nach- richten. Ihr Autor gab – in gezielter Abänderung der ältesten Darstellung in den Predi- gerannalen – in seinem Jahresbericht zu 1248 an, dass Sophie das castrum Wartperg et to- tam terram Thuringie in ihre Herrschaft genommen und der treuen Obhut ihres Oheims (!) Markgraf Heinrich anvertraut habe285. Seine gesamte weitere, auf mehrere Jahresbe- richte verteilte und anekdotenhaft ausgeschmückte Schilderung soll zeigen, dass der gro- ße, von Thüringen ausgehende Krieg, der neun Jahre hindurch Thüringen, Hessen und Sachsen verwüstet habe286, seine Ursachen in der Weigerung Markgraf Heinrichs vom Jahre 1253 besaß, Sophie die Wartburg und das Land Thüringen zurück zu geben287. Der Ver- fasser nennt als Helfer Sophies – in Anschluss an die Peterschronik – Herzog Albrecht von Braunschweig288 und zusätzlich die Bürger von Eisenach. Mit beider Unterstützung
285 Cronica Reinhardsbrunnensis (wie Anm. 244), S. 619. Der zentrale Passus lautet: Hoc anno Sophia ducis- sa Brabancie, filia Lodewici lantgravii et sancte Elizabeth, mater Heinrici lantgravii Hassie, castrum Wartperg et totam terram Thuringie in potestatem suam accepit ipsamque fidelitati Heinrici marchionis, avunculi sui, commisit. Zuvor be- richtete der Autor zum Jahre 1248 (!) in einer Kompilation der betreffenden Passagen der Chronica Mi- nor und der Peterschronik sowie umfangreicher eigener, lokaler Zusätze über den Tod Heinrich Raspes, und – hierfür wörtlich die Peterschronik ausschreibend – über die anschließend in Thüringen unter dem Adel und den Ministerialen ausbrechenden Auseinandersetzungen sowie über den Heereszug Markgraf Heinrichs nach Thüringen und seine Belagerung Erfurts. Unmittelbar daran anschließend folgt die zi- tierte Passage über Sophie von Brabant. Die wörtlichen Entsprechungen zu dem der Bericht der Predi- gerannalen (wie Anm. 1), S. 108: a ducissa Brabantie sub nomine tutoris ipsius filii nobile illud castrum Wartberc cum tota Hassia terra ad annos X commodatum suscepit, sind so signifikant, dass an einer Kenntnis des Textes und seiner Benutzung an dieser Stelle m. E. nicht zu zweifeln ist.
286 Ebd., S. 620: Illis vero temporibus magna discordia in terra Thuringia exorta est, que per IX annos durans terram Thu- ringie et Hassie et Saxonie nimium devastavit.
287 Ebd., S. 620 f. Der gesamte Jahresbericht zu 1253 gilt nur diesen Ereignissen. In breiter, mit direkter Rede versehener Darstellung beschreibt der Autor das vereinbarte placitum Sophies und Heinrichs in der Eisenacher Predigerkirche über Sophies Forderung nach Rückgabe der Wartburg und Thüringens durch Markgraf Heinrich. Dieser sei dazu bereit gewesen und habe auch schon seine Handschuhe als Zeichen der Herrschaftsübergabe (ut ei restitueret terram) ausgezogen, als ihn seine Berater unter Hinweis auf den Vorrang Thüringens (terram opulentam et Wartperg castrum inexpugnabile) vor seinen terrae Meißen und Os- terland umstimmten und er die Rückgabe ablehnte. Sophie habe daraufhin voller Zorn die Handschuhe zerrissen und sie unter Verfluchungen in den Wind geworfen (diese Episode wurde dann in der hessi- schen Tradition zu der Erzählung über Heinrichs Meineid über der Rippe der hl. Elisabeth als Schwur- reliquie ausgeschmückt, vgl. Anm. 244), so dass das Treffen ohne Ergebnis endete (et statim nusquam com- paruerunt; et sic infecto negocio discesserunt). Sophie habe bei den cives Ysenacensis das ihr zugefügte Unrecht beklagt, die ihr unanimi consensu jegliche Hilfe versprachen. Wie der Verf. auf das Jahr 1253 kam, ist un- klar. Nach dem ältesten Bericht der Predigerannalen über die befristete Übergabe der Wartburg durch Sophie an Heinrich, vgl. oben S. 39 mit Anm. 163, wäre ein Konflikt über die verweigerte Rückgabe erst nach Mitte 1256 denkbar.
288 Ebd., S. 622. Zum Jahre 1258 berichtet er, dass bei dem Andauern des Krieges zwischen dem Markgra- fen von Meißen und Herzogin Sophie und (ihrem Sohn) Landgraf Heinrich von Hessen viel Unheil und viele Schäden in terris eorum entstanden seien, da Landgraf Heinrich, seinen eigenen Kräften misstrau- end, sich durch die Heirat mit der Tochter Herzog Albrechts von Braunschweig mit diesem verbündete und Albrecht – hier schreibt der Kompilator die Peterschronik, wie Anm. 271, aus – das Land Thürin- gen durch seine Vögte unterdrückt habe.


































































































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