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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 59
als gewaltsam und unrechtmäßig: terre eiusdem principatum [...] violenter ac iniuste occupavit259. Sophie von Brabant findet in diesem Zusammenhang keinerlei Erwähnung. Erst in An- schluss an den Herrschaftsantritt Heinrichs in Thüringen berichtet der Verfasser über das Treffen Anfang März 1250 in Eisenach, bei dem Heinrich von Sophie zusammen mit der Vormundschaft über ihren Sohn das nobile illud castrum Wartberc cum tota Hassie ter- ra für zehn Jahre zur kommissarischen Regierung erhielt260. Nach der Darstellung und zweifellos auch in der Wahrnehmung des gut informierten, unmittelbar zeitgenössischen Autors261 gab es zwischen Heinrich dem Erlauchten und Sophie von Brabant 1247/50 keinerlei Spannungen wegen des ludowingischen Erbes, sondern es bestand, jedenfalls von Seiten Sophies, offenbar eher vertrauensvolles Einvernehmen. Diese Sichtweise er- scheint für die Gesamtbeurteilung der Vorgänge umso bedeutsamer, als sich bei dem Verfasser wie bei keinem anderen zeitgenössischen Berichterstatter Verbundenheit zu dem ludowingischen Landgrafenhaus, Ablehnung der wettinischen Herrschaft in Thü- ringen und Detailkenntnis der Vereinbarungen zwischen Sophie und Heinrich verban- den. Es ist unwahrscheinlich, dass es der Autor verschwiegen hätte, wäre es bei der Über- nahme der Landgrafschaft Thüringen durch Heinrich zu einem Erbstreit mit Sophie um die Landgrafschaft oder ihr zugesprochene Güter in Thüringen gekommen.
Doch blieb der Bericht der Predigerannalen über das Eisenacher Treffen von 1250 und die kommissarische Übertragung der Wartburg und der terra Hassie in der weite- ren Berichterstattung isoliert. Er wurde von keinem der nachfolgenden Autoren über- nommen, selbst wenn sie wie die Erfurter Peterschronik oder die Reinhardsbrunner Chronik die Predigerannalen benutzten262.
2. Die Chronica Minor
In der nächst älteren Quelle, der gleichfalls zeitgenössischen Chronica Minor eines Er- furter franziskanischen Autors, werden lediglich die Auseinandersetzungen nach dem Tode Heinrich Raspes um sein Erbe kurz mitgeteilt263 und finden weder Heinrich der Erlauchte noch Sophie von Brabant Erwähnung. Ähnlich berichtet die Fortsetzung der Chronica Minor von 1266/72 als erste zwar über die – in der Forschung mehrfach als Entscheidung des „thüringisch-hessischen Erbfolgekrieges“ betrachtete264 – Schlacht bei Wettin am 27. Oktober 1263 mit der verheerenden Niederlage Herzog Albrechts von
259 Annales Erphordenses (wie Anm. 1), S. 107 f. Bereits zum Jahre 1247 hatte der Autor mitgeteilt, dass unter den um das Erbe Heinrich Raspes rivalisierenden Fürsten, die in das Land Thüringen invaserunt, der Markgraf von Meißen castrum Eckehardesberc et oppidum Wizense sibi valenter usurpans, non modicam huius terre partem sibi subiugavit, ebd. S. 101; vgl. auch oben Anm. 29.
260 Vgl. oben S. 39 mit Anm. 163.
261 Dazu oben S. 40.
262 Dazu unten S. 60 mit Anm. 267 und S. 66 mit Anm. 285.
263 Vgl. oben Anm. 29.
264 Etwa ilGen/VoGel, S. 191, 353; zillmann (wie Anm. 50), S. 278; Patze, Politische Geschichte (wie
Anm. 154), S. 48. Vgl. auch lutz (wie Anm. 9), S. 259. Zu den Ereignissen selbst siehe unten S. 93 ff.


































































































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