Page 32 - Mitteilungen-Geschichtsverein Erfurt Heft 22
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Karl Heinemeyer
Die Organisation des Erfurter Amtes entsprach den anderen thüringi- schen Geleitsämtern. Geführt wurde es von einem durch den Landgrafen ein- gesetzten und ihm verantwortlichen „Geleitsmann“, bis in die vierziger Jahre des 16. Jahrhunderts wohl stets ein Erfurter Bürger. Ihm zur Seite stand ein „Geleitsschreiber“ für die umfangreiche Schreibarbeit. „Geleitsdiener“ bzw. „Geleitsknechte“ versahen den täglichen Dienst, wie die Kontrolle des Fracht- verkehrs an den Stadttoren und, in der Regel beritten als „Geleitsreiter“, die Aufsicht und Sicherung der Geleitsstraßen im Zuständigkeitsgebiet des Erfur- ter Geleitsmannes.23 Wie auch sonst wurde persönliches Geleit je nach Anfor- derung der Reisenden in zweierlei Form gewährt: entweder als „lebend(ig)es Geleit“ durch einen oder mehrere Geleitsknechte als Begleiter24 oder aber als „schriftliches oder totes Geleit“ durch einen Geleitsbrief, den der Geleitsmann ausstellte.25 In beiden Fällen war dafür ein Entgelt zu entrichten. Die Haupt- einnahmen aber erbrachten die Gebühren, die Kaufleute und Fuhrleute für die Sicherung ihrer Warentransporte zu zahlen hatten. Ihre Höhe richtete sich nach festen Tarifen für Waren und Warengruppen; sie waren in den „Geleits- tafeln“ aufgezeichnet, die den Mitarbeitern im Geleitsamt als Grundlage für ihre tägliche Arbeit dienten. Außerdem enthielten die Geleitstafeln allgemeine Regelungen und Hinweise für die Durchführung des Geleites.
Auch in Erfurt gehörte die Sorge für Bau und Unterhalt der Straßen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu den Aufgaben der Geleitsleute. So berich- tete 1522 der Geleitsmann Hans Hirschbach wegen der Brücke zu Berl- stedt, „welche zu machen lassen“ dem Erfurter Rat angeordnet war26, und
23 1545 erklärte der ehemalige Geleitsmann Hans Hirschbach (1520–1524), soweit er wisse, seien immer und auch zu seiner Zeit „am Geleite gewesen“: ein gleitz- man, schreiber und zwene reitende diener, die die strassen hin und wider berit- ten haben. SHStA Dresden, Geh. Rat (GehA) Loc. 9862/1 Bl. 293r. – Zur Text- gestaltung der Zitate aus Archivalien vgl. die Editionsgrundsätze unten S. 73 f.
24 So berichtete 1545 der ehemalige Geleitsmann Friedrich Mehrmann (1524–1530), es sei altes Herkommen, das man aus Erffurdt uff alle strassen under des churf(urs- ten) wapenbuchse geleitet und auch vohrgeritten. Ebd. Bl. 308v. – Hans Hoffmann sagte, er habe leute von hinnen, vom Grunen Schilde, item vom Schlehedornn ahngenhomen und nach Weissenseh geleitet, desgleichen auch nach Coburgk under des churf(ursten) wapenbuchsen vorgeritten [...] Ebd. Bl. 335r.
25 Ein Formular dafür enthält GT 6, vgl. Helbig: Quellen 2 (wie Anm. 3). Nr. 174 S. 152 f.; desgl. GT 7 und 14.
26 Inventar des Erfurter Geleitsamtes, aufgenommen 1588 Juni 6 nach dem Tode des Geleitsmannes Johann Hoffmann, ThHStA Weimar, Fstm. Weimar B Nr.
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