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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 45
graf Heinrich überlassenen thüringischen Besitzungen vor und verpflichteten die von Heinrich eingesetzten Kommissare in der terra Hassie strikt auf den Markgrafen als ih- ren Herrn194. Diese Regelungen scheinen bis 1254 von beiden Seiten streng befolgt worden zu sein, wobei Heinrich gegenüber Sophie, die durch den Vertrag von 1250 im wesentlichen auf ihren kleinen Herrschaftsanteil in Oberhessen beschränkt wurde, aus einer Position der Stärke agieren konnte. Dies umso mehr als sich in dieser Zeit sein Gewicht in der Reichspolitik durch seine Anerkennung König Wilhelms im April 1252 weiter erhöht hatte und seine Nachfolge in der Landgrafschaft Thüringen durch seine Belehnung durch Wilhelm endgültig legitimiert wurde195. Umgekehrt war Sophie noch stärker auf den Rückhalt bei ihrem markgräflichen Vetter angewiesen, da der neue Mainzer Erzbischof Gerhard I. auf die Wieder-Inbesitznahme seiner Kirchenle- hen durch Markgraf Heinrich in Hessen nicht nur mit der bereits erwähnten Exkom- munikation Heinrichs und Sophies im März 1252 reagierte, sondern wenig später im Mai 1252 Schutzbündnisse mit Sophies bisherigen Parteigängern Graf Bertold I. von Ziegenhain und dem Grafen von Battenberg abschloss196, die sich vorrangig (specialiter) gegen Heinrich und Sophie wandten197.
Seit 1254 mehren sich die Anzeichen dafür, dass Sophie sich aus dieser engen Ab- hängigkeit von Markgraf Heinrich zu lösen suchte und zunehmend eigene Einfluss- möglichkeiten in dem – von Heinrich für sie und ihren Sohn zurückgewonnenen und gesicherten – nördlichen Hauptteil ihrer hessischen „Erblande“ anstrebte. Zwar muss-
194 Direkt als dominus noster bezeichneten die Kommissare Werner von Bischofshausen und Konrad von El- ben Heinrich den Erlauchten in einer Urkunde für das Kloster Haina vom 8.8.1253, Carl Philipp koPP, Ausführliche Nachricht von der ältern und neuern Verfassung der Geistlichen und Civil-Gerichten in den Fürstlich Hessen-Casselischen Landen, Bd. 1, Kassel 1769, S. 120 ff., Beilage Nr. 57; Grotefend/ rosenfeld, S. 14, Nr. 41; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 339, Nr. 2149; franz (wie Anm. 94), S. 124 f., Nr. 211.
195 Dazu teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 296 f., sowie eingehend Mathias kälBle im vorliegen- den Band.
196 Gudenus, Codex diplomaticus (wie Anm. 36), Bd. 1, S. 622 ff., Nr. 259; Böhmer/will, XXXV (Erz- bischof Gerhard I.), S. 317, Nr. 25; Grotefend/rosenfeld, s. 12, nr. 34. Deutlich werden hier Mark- graf Heinrich und Sophie als invasores der Mainzer Kirche bezeichnet, ist von der discordia zwischen dem Erzbischof und Heinrich und Sophie die Rede und werden Regelungen getroffen für den Fall, dass eine compositio amicabilis intercedet, in deren Folge possessiones alique ad ecclesiam redierint Maguntinam. Ähnlich dürf- te der Wortlaut der etwa gleichzeitigen, verlorenen Urkunde Graf Wittekinds von Battenberg über sein Schutzbündnis mit Erzbischof Gerhard gegen Heinrich und Sophie als dessen hostes gelautet haben, das er am 18.11.1259 mit Erzbischof Werner erneuerte, Gudenus, Codex diplomaticus (wie Anm. 36), Bd. 1, S. 669 f., Nr. 292; Böhmer/will, XXXVI (Erzbischof Werner), S. 349 f., Nr. 4; Grotenfend/ro- senfeld, s. 12, nr. 35; s. 21, nr. 59. Mit beiden Bündnissen rüstete sich der Erzbischof vor allem für die Auseinandersetzung in Hessen, wobei der Übergang Graf Bertolds I. von Ziegenhain auf die Main- zer Seite eine zusätzliche, große Schwächung der Position Sophies war; vgl. auch heiniG (wie Anm. 56), S. 357.
197 Möglicherweise diente das Treffen Sophies und Heinrichs des Erlauchten Anfang September 1252 auf der Wartburg, zu dem Heinrich von Mittelhausen aus gekommen war und bei dem er einige Nordhes- sen und den Raum um Eisenach betreffende Verfügungen Sophies bestätigte bzw. den Konsens dazu erteilte, Grotefend/rosenfeld, S. 13, Nr. 37, Nr. 39; doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 324 f., Nr. 2058, Nr. 2060 f., der gemeinsamen Abstimmung gegenüber diesem verschärften erzbischöflichen Vorgehen.


































































































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