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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 41
che Wendung des Annalisten nobile illud castrum Wartberc cum tota Hassia terra, die Hes- sen gleichsam zu einem Appendix der Wartburg herabstuft, macht die Gewichtung der Wartburg, die unter Heinrich Raspe der Vorort seiner landgräflichen und königlichen Herrschaft und damit in gewisser Weise auch der Sitz der nobilis illa principalis prosapia der Ludowinger gewesen war, bei diesen Vorgängen in der Wahrnehmung gewiß nicht weniger Thüringer sichtbar171. Weiterhin spiegeln die Urkunden deutlich wider, dass Markgraf Heinrich nach 1250 eine Vormundschaftsregierung für die Hassia eingerich- tet hatte172. Und schließlich finden sich auch in den urkundlichen Zeugnissen – eben- so wie in dem Bericht der Prediger-Annalen173 – keinerlei Hinweise darauf, dass zum Zeitpunkt des Eisenacher Treffens 1250 Spannungen zwischen Sophie und Markgraf Heinrich wegen des ludowingischen Erbes bestanden oder dass Sophie gar Ansprüche auf die Landgrafschaft Thüringen erhob174. Fraglich erscheint hingegen die genannte Dauer von 10 Jahren für die Vormundschaft über Sophies Sohn Heinrich und die Ver- waltung Hessens. Für beides dürfte eine Frist bis zur Mündigkeit Heinrichs des Kin- des im Juni 1256 wesentlich wahrscheinlicher gewesen sein175.
gut erklären, weshalb Heinrich Raspes Witwe Beatrix, die Tochter Herzog Heinrichs II., sich nach Hein- rich Raspes Tod nicht auf eines ihrer Wittumsgüter begab, sondern bis mindestens Mitte April 1247 auf der Wartburg verblieb, vgl. Anm. 135.
171 Vgl. oben S. 5 mit Anm. 1; zum enormen Bedeutungsanstieg der Wartburg unter Heinrich Raspe vgl. werner, Reichsfürst (wie Anm. 4), S. 144 mit Anm. 72, S. 196, 246 ff. mit Anm. 507.
172 Dazu unten S. 42 f.
173 Gerade weil der Autor unmittelbar zuvor betont, dass Heinrich der Erlauchte den terre eiusdem principa-
tum [...] violenter ac iniuste occupavit, Annales Erphordenses (wie Anm. 1), S. 107 f. (ad a. 1250), ist es be- sonders aussagekräftig, dass er von keinerlei Konflikten oder Rechtsverletzungen Heinrichs gegenüber Sophie berichtet.
174 Zu dieser in der Forschung bis in die jüngste Zeit lebhaft diskutierten Frage vgl. unten S. 70 ff. An die- ser Stelle sei nur darauf verwiesen, dass das Schwanken der Titulatur Sophies von Brabant in den Jahren 1250/54 das Fehlen klarer urkundlicher und historiographischer Aussagen nicht wettmachen kann. So- phie führte unmittelbar vor und nach ihrem Treffen mit Heinrich dem Erlauchten in Eisenach den Titel Thuringie lantgravia, legte ihn in ihren drei nächsten erhaltenen Urkunden vom 26.5.1250 (in Brabant) und 4.9.1252 (Treffen mit Heinrich dem Erlauchten) ab und legte ihn sich bei ihren nächsten am 14.7.1254 einsetzenden Urkunden wieder bei. Ob man daraus – noch dazu bei der extrem geringen Zahl erhalte- ner Urkunden – darauf schließen kann, dass mit dem thüringischen Landgrafentitel Ansprüche auf die Landgrafschaft verbunden waren und dass Sophie nach der Einigung mit Heinrich dem Erlauchten in Eisenach im März 1250 vorübergehend auf diesen Anspruchstitel verzichtet habe, so zuletzt teBruck, Pacem confirmare (wie Anm. 7), S. 295 f., ist wohl eher fraglich.
175 So bereits weGele (wie Anm. 9), S. 22 Anm. 1, und in Anschluss daran ilGen/VoGel, S. 292 Anm. **; zum Auslaufen der vormundschaftlichen Regierung Heinrichs des Erlauchten in der Hassia 1256, bzw. spätestens 1257, siehe unten S. 45 f. Der Versuch von eckhardt, Witzenhausen (wie Anm. 53), S. LX- XIX f., die Zehnjahresfrist von 1248 bis 1258 zu zählen, kann nicht überzeugen.