Page 107 - Langsdorfer Verträge Inhalt
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NEUGESTALTUNG IN DER MITTE DES REICHES 87
führen. Vor allem wohl hierauf bezog es sich als ein weiteres wichtiges Zugeständnis, dass Erzbischof Werner, der noch 1261 Sophie und Heinrich jeglichen Herrschafts- und Rangtitel und jeglichen landesherrlichen Herrschaftsanspruch abgesprochen hat- te, in Langsdorf anerkannte bzw. zumindest zuließ, dass Sophie und Heinrich sich in den Vertragsurkunden als lantgravia Thuringie bzw. als lantgravius Thuringie titulierten389.
Wichtigste Gegenleistung Sophies und Heinrichs neben der Anerkennung der Le- henshoheit des Mainzer Erzbischofs390 war die Zahlung des Betrages von 2000 Mark (LU 1, LU 3). Für sie leisteten Sophie und Heinrich – gemessen an der sich eher im un- teren bis mittleren Bereich bewegenden Summe391 – bemerkenswert weitreichende Si- cherheitszusagen wie ein Einlagerversprechen mit der ungewöhnlich hohen Zahl von 30 Bürgen392 und eine gleichfalls unübliche Exkommunikationsandrohung bei Treue- bruch der Bürgen (LU 1)393. Sie machten zugleich aber die Zahlung eines Teilbetrags von 1000 Mark von der Rückgabe der Burg Wildungen abhängig, was das beson- dere Gewicht, das sie dieser ihnen 1247 von Erzbischof Siegfried III. entfremdeten Burg beimaßen, deutlich unterstreicht394. Eine weitere wichtige Gegenleistung stellte die Lehnsübertragung ihrer allodial besessenen Burgen und Städte Frankenberg und Grünberg mit allem Zubehör an die Mainzer Kirche dar (LU 3, LU 4). Sie war mit der
389 Sophie führte den thüringischen Landgrafentitel in LU 2, LU 3 und LU 4, während sich Heinrich ihn in allen vier Urkunden zulegte. Die Titulierung gewinnt, worauf bereits ilGen/VoGel, s. 348, verwiesen, ihr besonderes Interesse vor dem Hintergrund der gezielten Herabstufung Sophies und Heinrichs 1261 durch Erzbischof Werner, vgl. S. 79 f. mit Anm. 350.
390 In ihr sieht vor allem Patze, Politische Geschichte (wie Anm. 154), S. 47, einen deutlichen Erfolg des Erzbischofs.
391 Der Betrag war zwar doppelt so hoch wie die 1000 Mark Silber, die Heinrich der Erlauchte in dem ver- gleichbaren Vertrag von Udestedt 1254 dem Mainzer Erzbischof zusagen musste, vgl. oben S. 21, er entsprach den 2000 Mark, die die Herzöge von Braunschweig 1265 dem Grafen von Schwerin für sei- ne in herzoglichen Dienst erlittenen Schäden zahlten, doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 514 f., Nr. 3274, und er betrug die Hälfte der Mitgift Sophies von Brabant für ihre Tochter Elisabeth, vgl. oben Anm. 181, oder der Pfandsumme von 4000 Mark für die Verpfändung der Städte Allendorf und Witzenhau- sen 1258 an Herzog Albrecht von Braunschweig, doBenecker, Regesta, Bd. 3, S. 415, Nr. 2634. Weit höher noch lagen die Lösegelder von 8000 Mark, die 1257 Erzbischof Gerhard von Mainz dem Her- zog Albrecht von Braunschweig und dieser 1264 Heinrich dem Erlauchten und dessen Söhnen für ihre Freilassung zu zahlen hatten, vgl. Böhmer/will, XXXV (Erzbischof Gerhard I.), S. 336 f., Nr. 169, und unten S. 95 mit Anm. 427. Die Beispiele, selbst aus dem mitteldeutschen Raum, ließen sich noch erheb- lich vermehren.
392 Vgl. auch zu ihnen die Karte von Ursula Braasch-schwersmann sowie den Beitrag von Hans H. ka- minsky im vorliegenden Band. An der Spitze stand bemerkenswerter Weise als ranghöchster landgräf- licher Verbündeter Graf Gottfried von Ziegenhain. Von den 24 lokalisierbaren Bürgen stammten – in einem von den Experten zur Ermittlung Mainzer Lehen, vgl. Anm. 384, deutlich abweichenden Ver- hältnis – vier aus Nordhessen und 18 aus Mittel- und Oberhessen, dazu der thüringische Edelfreie Friedrich von Treffurt. Dies wirft die Frage auf, ob Sophie und Heinrich zu diesem Zeitpunkt in ih- ren Herrschaftsgebieten an der Lahn noch über größeren personellen Rückhalt als im nordhessischen Raum verfügten.
393 Zu diesen Sicherheitszusagen im Kontext der zeitgenössischen Vertragspraxis vgl. den Beitrag von Stef- fen krieB im vorliegenden Band.
394 Vgl. oben Anm. 364.


































































































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