Page 24 - Brandmüller_Kardinal_Reprint
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EINLEITUNG
Der Augsburger Religionsfriede mit seinem Grundsatz „cuius regio, eius religio“ war ein Versuch, die durch die Reformation bedrohte Einheit des Reiches zu retten. Durch die Schaffung konfessionell geschlossener Territorien glaubte man am ehe- sten, ein friedliches Nebeneinander der beiden Religionsparteien zu ermöglichen.
Hundert Jahre später sollte der Westfälische Friede aufs neue diesem Ziele die- nen. Um die Wende des 17. Jahrhunderts setzte nun aber eine konfessionelle Bin- nenwanderung ein, die durch die geistige und politische Situation des aufgeklärten 18. Jahrhunderts in hohem Maße begünstigt wurde. Das Ende des zweiten Welt- kriegs brachte den Abschluß dieses Vorgangs, demzufolge die letzten konfessionell geschlossenen Gebiete verschwanden. Statt dessen entstand in den bisher rein ka- tholischen Gegenden protestantische und in bisher geschlossenen protestantischen Gebieten katholische Diaspora – ein Zustand, der das kirchliche Leben der Gegen- wart weithin bestimmt.
Im folgenden soll nun versucht werden, das Wiedererstehen katholischer Ge- meinden in den hohenzollerischen Fürstentümern Frankens darzustellen. Die politi- sche Bedeutung der beiden Territorien und der ihnen eigene Charakter eines Kern- landes des deutschen Luthertums verleihen diesem Geschehen charakteristische Züge, die ihm in dem breiten Strom aufgeklärter landesherrlicher Toleranzübung einen besonderen Platz zuweisen. An diesem Einzelbeispiel werden die das 18. und frühe 19. Jahrhundert bestimmenden geistigen Kräfte in ihren konkreten Auswir- kungen sichtbar; haben doch Absolutismus, Aufklärung, Episkopalismus und die diesen entgegenwirkenden Strömungen die Entscheidungen der handelnden Per- sönlichkeiten geprägt. Diesen Entscheidungen kam eine um so größere Bedeutung zu, als sowohl der Staat wie auch die Kirche durch die Bildung konfessioneller Min- derheiten vor eine neue Sachlage gestellt wurden; die pluralistische Gesellschaft der Gegenwart meldete schon von ferne ihr Kommen an. So ergab sich für den Staat das Problem der Toleranzübung und der Kirche erwuchs die Notwendigkeit, die neu entstandene Diasporasituation zu meistern. Was aber diese vielgestaltigen Be- mühungen an Ergebnissen zeitigten, bestimmte weithin die Ausgangsbasis für das Werden der Verhältnisse unserer Zeit.
Bisher erschienen zu dem Thema der vorliegenden Arbeit folgende Beiträge:
1. Bl. in M., DIE ScHLOSS- JEtzt KAtHOLIScHE KIRcHE zU BAyREUt IN OBERFRANKEN IN: KALENDER FüR KAtHOLIScHE cHRIStEN 49 (1899) 82–94.
2. Sitzmann K. – Hofmann M., DAS wIEDERERStEHEN DER KAtHOLIScHEN GEmEINDE IN BAyREUtH IN: FRäNKIScHE BLättER 9 (1957) 37–40. – Die Arbeit schöpft aus dem obengenannten Aufsatz und einigen Mitteilun- gen bei Looshorn J., DIE GEScHIcHtE DES BIStUmS BAmBERG, 7 BDE., müNcHEN UND BAmBERG 1887–1910.
3. Sebastian L., DIE KAtHOLIScHE StADtpFARREI St. LUDwIG, ANSBAcH, ANSBAcH 1907. – Die kleine Broschüre ist insoferne von Wert, als dem Verfasser noch das 1945 zerstörte Pfarrarchiv zur Verfügung stand.
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