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HUANG DI NEI JING LING SHU
Übersetzung mit spitzen Klammern > xxx < kenntlich gemacht. Län- gere Passagen, die als zusätzliche spätere Informationen eingeführt worden sein mögen, sind in der Übersetzung mit Schrägstrichen // xxx // gekennzeichnet. All dies sind Vermutungen, die vor allem aus Struk- turvergleichen und Sinnzusammenhängen herrühren.
Die Übersetzung folgt den Prinzipien, die ich bereits bei meinen frü- heren Übertragungen antiker Klassiker der chinesischen Medizin in die englische und deutsche Sprache befolgt habe. Im Vordergrund steht das Bemühen, die Denkweise der damaligen Autoren durch möglichst wörtliche Übersetzung der Terminologie, insbesondere der Sprachbil- der, einer heutigen Leserschaft zu vermitteln. Nicht zuletzt auch die Erwartung, dass allein durch die Anwendung ähnlich stringenter phi- lologischer Kriterien, wie sie bei der Übersetzung etwa des Corpus Hippocraticum seit langem üblich sind, ein Vergleich der antiken chi- nesischen Medizintexte mit ihren europäischen Gegenüber ermöglicht wird, hat mich immer wieder in dieser Vorgehensweise bestärkt.
Dieser Ansatz wird denen kaum etwas bieten, die die antiken Autoren nicht ernst nehmen können. Die Lektüre ihrer Texte hat mir im Lau- fe der Jahre größten Respekt eingeflößt. Je länger man sich in ihre Gedankengänge und Argumentation vertieft, umso deutlicher wird die Intelligenz, die in ihnen zum Ausdruck kommt. Ich folge daher nicht den vielfach gehörten Aufforderungen, diese Menschen gleichsam ihrer Gedanken und ihrer Ausdrucksweise zu enteignen und moderne Termi- ni und gegenwärtig gültige physiologische und pathologische Konzepte in der Übersetzung vorzutragen, so, als wollte man heute behaupten, die Autoren damals hätten eigentlich noch gar nicht gewusst und ver- standen, was sie im kranken und gesunden Menschen sahen und wie das zu deuten ist. Sie wussten damals sehr wohl, was sie sahen, und sie hatten ein sehr logisches und von Vernunft geprägtes Verständnis – in ihrer Zeit und mit ihren Mitteln. Dies hervorzuheben, dazu mag die vorliegende Übersetzung geeignet sein.
Berlin, 2014
Paul U. Unschuld
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