Page 34 - StadtAN Ausstellungskatalog Der Erste Weltkrieg
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Jürgen König Kriegsweihnacht
Einen Eindruck davon, wie deutsche Soldaten das erste Weihnachtsfest an der Front 1914 erlebten, vermitteln die Briefe des Erlanger Theologiestudenten und späteren Oberkir- chenrats Karl Burkert (1892–1991) an sei- nen Vater, den Hafnermeister Fritz Burkert in Uffenheim.1 Burkert gehörte dem 3. Batail- lon des Infanterieregiments Nr. 19 an. Seinen Schilderungen kann man entnehmen, dass die allgemeine Opferbereitschaft der Ange- hörigen gegenüber den Frontsoldaten, gerade in der Vorweihnachtszeit, mitunter selt- same Blüten trieb. So bat er am 11. Dezem- ber 1914 seine Angehörigen, keine Wäsche mehr zu schicken. Am folgenden Tag schrieb er: Macht auch andere Leute darauf auf- merksam nicht so unsinnig viel Wäsche und Wollsachen und gar noch auf einmal an die Infanteristen zu schicken. Die gehen ja sonst unter der Last ihres Tornisters zugrunde. Es kommt vor, daß manche 6–10 Ohrenschützer und Pulswärmer und Kniewärmer bekom- men. [...] Schickt auch keine Zigarren und dergleichen. [...] Übrigens versorgt uns die Feldküche ausgezeichnet. [...] An Feldpost- karten fehlt es immer. Um weiteren Ballast loszuwerden, schickte er am 22. Dezember in fünf großen Briefen seine bis dahin emp- fangene Korrespondenz nach Hause, mit der ausdrücklichen Anweisung, diese für spätere Zeiten aufzuheben.
Vorweihnachtliche Stimmung ist Burkerts Brief vom 20. Dezember zu entnehmen: In einem schönen, warmen Unterstand sitze ich und schreibe beim Schein eines Kerzenstum- mels diesen Brief. [...] An der Wand haben wir ein Brettchen angebracht und darauf prangen die mancherlei Päckchen mit dem
Der Farbdruck eines Engels im nächtlichen Wald erinnerte zur Weihnachtszeit an das Schicksal der deutschen Soldaten, Postkarte, 1915.
(StadtAN A 34 Nr. 3899)
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